Die Wissenschaft ist eine eifersüchtige Geliebte, sie sitzt meist brav, aber mit genauem Blick und unstillbarem Bedürfnis nach Zuwendung in der Schmollecke und rechnet uns vor, wie lang es nun her sei, daß wir ihr unsere Aufmerksamkeit, unsere Zuwendung geschenkt haben. Schon viel zu lang! Und wann kommen wir wieder zu ihr? Warum bleiben wir nicht da, möglichst für immer ?

Ich spreche seit jeher nur selten über mich. Man kann hunderte von Beiträgen in Antiquariatsforen und alle meine Blogbeiträge durchforsten - und wird doch nur sehr wenig darin finden über den Menschen, der dahintersteckt. Oft erwecke ich mit Anekdoten, von denen manche den Stellenwert von geflügelten Worten erlangt haben, den gegenteiligen Anschein. "Mulzer mit der Rotweinflasche", "Mulzer mit den Käferchen und Spinnen", "Mulzer, der bei Ebay Goldeinbände nach laufendem Meter verscherbelt", all das sind absichtsvolle Vermeidungsformen, hinter denen ich mich verstecke. Man wird im Netz kein Foto finden, das mich darstellt, Xing habe ich mit dem Eintrag als "Altpapierhändler" verulkt und so halte ich es auch mit anderen Personalisierungsmaschinen.

Wer dann insistiert und tiefer ins Netz eindringt, findet mich anders. Ist er unerfahren und geht den Mechanismen des Internets auf dem Leim, mag er mich für einen "Forentroll" halten. Hat er aber die Regeln des Publizierens, der Verfügungsmacht und der Gewaltausübung im Internet im Kopf, dann erkennt er, daß ich versucht hatte und es noch unternehme, den Mächtigen, den Brutalen, den Besitzenden und den Faulen an den Karren zu fahren. Es ging mir nie um eigene Interessen, immer verstand ich mich als Sachwalter von Menschen, die im tieferen Sinn benachteiligt waren, als einer, der gegen Dummheit und Faulheit zu Felde zieht, der den Manipulierern, den Manikern mit dem Tunnelblick an den Karren fahren möchte.

Das ist bei mir, auch dies erkennt der erfahrene Leser meiner Hervorbringungen schnell, mit einer gehörigen Portion Vergnügen verbunden. Es soll mir ja doch auch Spaß machen! Nichts ärgert die Verantwortlichen von Foren mehr als die Entdeckung, daß mir alles auch noch Spaß macht...

Alle Antiquare aber, um die es dem Foren- und Blogschreiber ja doch geht - schweigen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. An vorderster Front steht, mit fettem Arsch, das Erbübel in Gestalt der F a u l h e i t, gleich danach flattert die Unlust zu denken wie ein verirrter Schmetterling ziellos über die Bühne. Tante Vorurteil winkt aus der Kulisse, auch die törichte Jungfrau fehlt nicht, im leeren Ölgefäß ihr Merkzettelchen "Es wird so schlimm schon nicht werden". Ein altes Grammophon spielt dazu, aus dem Souffleurkasten, den Schlager "Das haben wir schon immer so gemacht, so gehts auch weiter".

Sie sehen, ich mache mir keine Illusionen, nicht über die Situation in unserem Berufsstand und noch weniger über die Möglichkeit, sie "vertreten" zu wollen. Da sei Gott vor. Erstens bedanken sich die Herren dafür, von Forentrolls mit schiefen Absätzen vertreten zu werden, zweitens gibt es eine solche auch nur halbwegs umfassende Berufsvertretung gar nicht, in der man wirken könnte. Über die Tragikomödie unserer Verbände, Vereine, Arbeitsgemeinschaften und Genossenschaften im Antiquariat kann man bei mir ja stundenlang nachlesen, so man über die nötige Leidensfähigkeit verfügt.

Worum es mir fast immer ging und heute mehr denn je geht, ist die Bearbeitung einzelner bestimmter P r o j e k t e. Ich habe immer wieder über die Frage nachgedacht, ob es denn sinnvoll sei, ein zentrales Medium für das Buchantiquariat einzurichten. Bringt das Sammeln deutschsprachiger und internationaler Blog- und Feuilletonbeiträge, die unter der Spitzmarke "Antiquariat" ja flugs zusammenzugoogleln sind, wirklich einen Erkenntnisgewinn? Ich habe da inzwischen größte Zweifel.

Was ich aber weiterhin tun möchte: Projekte zu überdenken und vorzuschlagen.

Eines dieser Projekte ist der Kampf gegen die unmittelbar anstehende Monopolisierung unserer oft einzigen Absatzschiene, der Verkaufsportale, im gesamten deutschen Sprachbereich.

Ich habe die Lage in den vorangegangenen Blogbeiträgen dargestellt und die Möglichkeiten, dagegen anzugehen, ausführlich aufgezeigt und durchdiskutiert. Mehr ist dazu im Augenblick nicht zu sagen.

Mit jenem leisen Grinsen im Gesicht, das die Dozenten in der Uni schon an mir irritiert hatte, schließe ich nun fürs erste dieses Thema, verordne dem Blog auf einige Tage Stillschweigen - und wende mich dem ersten Absatz zu, in dem von einer eifersüchtigten Geliebten, auf den Namen "Wissenschaft" hörend, die Rede ist.

Auf zur Unibibliothek. Vom Antiquariat mag ich für heute nichts mehr hören.



Das Foto zeigt die alte UB vor 50 Jahren, zu der Zeit, in der ich als Schüler meine erste Leserkarte erhielt, ein furchtsamer Gast vor den Pforten des Wissens. Das bedurfte damals vielfältiger Bemühungen und eines Vorsprechens beim Chef der Abteilung.

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