Es geht darum, einfache Sachverhalte verstehbar darzustellen. Auch auf die Gefahr hin, schnöder Versimpelung verdächtigt zu werden.

Welche Prozentzahlen des Internetabsatzes der nun entstandene Amazon-Abebooks-ZVAB-Haifisch abdeckt, kann ziemlich genau abgeschätzt werden, wenn man den Unschärfefaktor "Ebay" außen vor läßt. Hier ist der Absatz ja gesplittet in echte Versteigerungsware und Ladenware zu Festpreisen, noch weiter kompliziert durch Preisvorschläge und (in Vorbereitung) "Inserate". Vernünftige Zahlen hierzu gibt es nicht, auch weil die Ebay-Antiquare eher eine Sonderstellung in Angebot und Geschäftsauffassung einnehmen, mithin untypisch sind für das Antiquariat. 8-15 % des Internetabsatzes dürften auf Ebay entfallen.

Die Existenz der Büchersparte von Ebay übrigens, in solchen Dingen dürfen Sie mir vertrauen, wirkt sich in der Frage einer juristischen Klärung der Monopolfrage der neuen Amazonkrake verheerend aus, denn anders als die marginalisierten anderen Datenbänklein kann Ebay von Amazon als Gegenbeweis herangezogen werden - schaut her, das Monopol besteht ja gar nicht, Ebay ist da.

Wir könnten schon begründen, warum und inwiefern Ebay mit Amazon aus der Sicht des Antiquars nicht vergleichbar ist, aber das versteht kein Richter. Bitte lasset jeden Gedanken an eine Monopolklage fallen. Es hat keinen Sinn und bindet nur Kräfte, wirkt aufschiebend und verhindert energisches Handeln j e t z t.

Der Amazon-Haifisch deckt rund 80 - 90 % des Internetabsatzes antiquarischer Bücher im deutschen Sprachraum ab. Ich warne noch einmal, aus fremdsprachiger Literatur, von internationalen Dienstleistern, durch Auslandskooperationen irgendetwas erreichen zu wollen. Da müssen die bibliophilen Spitzenantiquare umdenken, denn ihre Internationalität betrifft die anderen Antiquare ganz und gar nicht. Der deutschsprachige Altbuchmarkt ist eisern eingegrenzt auf sich selbst - weshalb sich jedes Monopol hier grausam auswirkt, ganz anders als im Universum der Weltsprachen.

Wenn wir gerade beim Zerstören von Illusionen sind: Ganz sicher wäre ein organisierter Webseitenverbund eine echte Chance gewesen. Die Teilnehmer waren aber aus dem Tiefschlaf nicht aufzuwecken, auch ich habs aufgegeben. Wenn Kollegen einfach nicht wollen, kann man sie schließlich nicht zum Jagen tragen.

Die Qualität der Antiquariats-Webseiten sehe ich etwas positiver als Parduhn. Gerade weil ich einige davon kritisch unter die Testlupe genommen hatte, die betreffenden Antiquare erinnern sich mit Schaudern daran, sehe ich überwiegend ein löbliches Engagement. In anderen Branchen sind die Webseiten auch nicht viel besser; der Kunde akzeptiert vieles geduldig.

Nur eben hat die unerbittliche Statistik gezeigt, daß der Absatz im Antiquariat über Geschäftswebseiten in aller Regel zwischen 3 und 15 Prozent des Gesamtabsatzes der Firma dahindümpelt und sich der Aufwand, sofern man ihn nicht unter "Imagepflege" verbuchen will, einfach nicht lohnt. Das mag damit zusammenhängen, daß die einzelne Webseite nicht gefunden wird im Netz. Die Versuche, Portalseiten, Vernetzungen, Findemittel zu bauen, sind einfach viel zu ungeschickt gewesen, ich sah das wieder letzte Nacht, als ich für meinen Aufruf aus der Prolobri/Antiquariat-Übersicht einige Webadressen herauskopieren mußte. Gut gemeint, aber webtechnisch nicht wirksam gemacht.

Überhaupt ist es für alle Maßnahmen solcher Art jetzt zu spät. Um im Netz mit etwas Neuem zum Tragen zu kommen, sind Vorlaufzeiten von Monaten, wenn nicht von Jahren notwendig.

Ich bitte jene Kollegen, deren Absatz über Messen, über schöne Kataloge und pfiffige Listen, über angesehene Ladenantiquariate läuft, zweierlei zu bedenken:

Sie gehören in aller Regel zu den tonangebenden, man darf sagen f ü h r e n d e n und meinungsbildenden Schichten des Gewerbes. Das legt ihnen eine Verantwortung auf, auch für ihre kleineren Kollegen zu denken, zu planen und zu handeln. Geschieht das nicht, dann werden die Geschicke des deutschen Antiquariats weiterhin gelenkt durch solche Antiquare, die den status quo eigentlich ganz erfreulich finden, denen die Monopolverhältnisse in Bücherportalen wenig Kopfzerbrechen bereiten - und die aus ihren 10 % Gewerbeanteil heraus die restlichen 90 % der Antiquare mit deren Sorgen und Nöten im Regen stehen lassen.

Neben dieser Verantwortung, an die zu erinnern Anlaß ist, muß ich die Spitzenantiquare auch bitten, sich ein Szenarium vorzustellen, in dem, warte nur balde, auch ihre Interessen durch eine weitere Verlagerung hin zum Netzabsatz empfindlich gestört werden, wenn e i n e Krake den Netzabsatz im deutschen Sprachraum beherrscht. Auch sie sind vor kommenden Entwicklungen nicht gefeit, die vermutlich den Internetverkauf weiter beflügeln werden.

Auch sind meine Ideen, die ich in meinen Vorgängerblogs (und bis zur Sperrung der Kommentarfunktion für alle Antiquare unlängst im Börsenblatt-Netzdienst) zum Thema einer kommenden Verlagerung unseres Auktions- und Messewesens ins Internet dargelegt hatte, auf eine Aufmerksamkeit gestoßen, die ich so nicht erwartet hätte. Wenn mich mein alter Zeitungsinstinkt nicht täuscht, habe ich damit in ein Wespennest gestochen. Dieser Gedanke wird zur Zeit von mehreren Seiten her durchgeplant - und auf eine oder andere Weise würde ihn die neue Krake verwirklichen - schon weil sie den Generalangriff auf Ebay plant. Was alles bedeutet, daß sich auch die jetzt noch vom Netzabsatz unabhängigen Edelantiquare sehr energisch um die Brechung des neu entstandenen Amazon-Monopols kümmern sollten.

Das für uns nun notwendige technische und taktische Vorgehen liegt auf der Hand, ich hatte es vorgestern hier schon dargestellt, fasse es nochmals zusammen.

Anders als noch vor wenigen Jahren ist die technische Planung und Unterhaltung einer Bücherdatenbank kein Hexenwerk mehr. Im Prinzip kann jede ordentliche Verkaufsdatenbank herangezogen werden. Ich halte, mit eher geringen Einschränkungen, Prolibri/ Antiquariat für gut geeignet, wenn eine unabhängige Datenbank der Antiquare gegründet werden soll.

Der Absatz eines Altbuchportals ist fast ausschließlich abhängig vom Image, vom Bekanntheitsgrad im Netz, von der Finde- bzw. von der Ermittlungsmöglichkeit durch mögliche neue Altbuchkäufer und der Nutzungsfreude, der Gewöhnung und Beliebtheit durch/bei eingewöhnten Altbuchkäufern, Bibliotheken usw.

Es ist daher ungeheuer wichtig, jetzt nicht hastige Überlegungen anzustellen, was eine "neue" Datenbank auszuzeichnen habe, womit man sie technisch-taktisch beflügeln, anstoßen könnte. Allen solchen Versuchen gegenüber muß man betonen: Die geeignete Datenbank ist schon da, sie hat zwar die falsche juristische "Verfassung", aber das macht zunächst einmal rein gar nichts aus.

Jede, aber auch jede Überlegung muß sich darauf richten, wie die neue Datenbank b e k a n n t und b e l i e b t werden kann. Das ist, wir führten es gerade aus, keine Frage irgendwelcher technischer Vorzüge gegenüber dem ZVAB oder (gar) gegenüber Abebooks. Sondern es ist eine Frage der Bekanntheit, der S y m p a t h i e im Netz. Was wir jetzt durchdenken müssen, richtet sich ganz ausschließlich auf

*Netz - P s y c h o l o g i e.

Auch sollten wir uns einrichten auf Winkelzüge des neuen ZVAB und von Abebooks. Wir wurden vom ZVAB, sagen wir es juristisch wasserdicht, "etwas getäuscht" bezüglich seiner beabsichtigten Unabhängigkeit. In ähnlicher Weise wird man uns in den kommenden Wochen "etwas täuschen". Da mag dann sogar ein Unabhängigkeitsrat für das neue ZVAB gegründet werden, mag den Antiquaren feierlich versprochen werden, es gebe nun wieder einen "Beirat" und was andere Maßnahmen sein mögen, die alle nur ein Ziel haben, V e r n e b e l u n g. Bis dann, zwei Jahre später, der Hai das Maul wieder einmal aufreißt, das ZVAB verschwindet und bald auch Abebooks.

Dann sind wir Amazon-Knechte und seufzen in der Amazon-Galeere an den langen Rudern.

Der Plan, den ich vorgestern in diesem Blog dargestellt habe, ist ebenso einfach wie, gestatten Sie die tadelnde Feststellung, längst überfällig, ganz unabhängig von der aktuellen Lage. A l l e Antiquare im deutschen Sprachbereich (wobei "alle" immer nur ein größerer Teil sein kann angesichts der zerklüfteten Gewerbestruktur) bilden einen ganz bewußt l o c k e r gestrickten V e r e i n. Dieser Gesamtverein ist der neue Träger der Datenbank. Von Bedeutung sind nicht die Beiträge, die man ganz freistellen sollte in der Höhe, Mindestbeitrag 5 Euro, sondern es geht um die P s y c h o l o g i e. Die neue Verkaufsdatenbank ist d i e Datenbank a l l e r Antiquare im deutschen Sprachbereich.

Von hier aus wird ein gnadenloser psychologischer Kampf zu führen sein, möglichst s o f o r t beginnend, um das Image bei den Sammlern, in der kulturellen Welt überhaupt, in den M e d i e n.

Nur die Verkaufsdatenbank d e r Antiquare in Deutschland, Österreich und in der Schweiz kann in letzter Stunde noch das drohende Würgemonopol brechen.

Ich warne, wohl wissend weshalb, ganz dringend davor, sich jetzt auf lange Klärungen einzurichten, Mitgliederversammlungen abzuwarten, juristische Querelen abwickeln zu wollen - Gott gnade uns - das Genossenschaftsrecht -, mit Hilfskonstruktionen wie einem assozierten oder sonstwie angepappten V e r e i n können und müssen wir alles schnellstens und improvisiert angehen.

Da ich persönlich keinerlei Befugnisse habe, muß ich an die werten Kollegen appellieren. Sprecht die Verantwortlichen in den Verbänden und Gruppen an, laßt nicht locker, hört nicht auf Vertröstungen, werdet mißtrauisch, wenn "demnächst etwas geplant" oder "bis zum Herbst abgewartet" werden soll. Vergeßt auch nicht, daß die Amazon-Abebooks-ZVAB-Krake Geld hat wie Heu und nicht jeder Kollege, der zum "Zuwarten" rät, das aus selbstlosen Gründen tut.

Wer sich Illusionen über die Geschäftspolitik des Amazon-Konzerns macht, der lese die letzten Jahrgänge des Börsenblatt-Netzdienstes daraufhin durch...


Samstag 15 Uhr: Eben will ich, noch immer unter einer schweren Grippe seufzend, zum ersten Mal wieder den Gang auf den Münsterplatz unternehmen, da entdecke ich Parduns zweiten aktuellen Beitrag. Werter Herr Pardun, was soll das?

Ihre Ideen erinnern mich an die jenes Herrn aus Oberfranken, der von der Apothekenwerbung zum Antiquariatsmarketing herübergewechselt war und dem die Lage in unserem Gewerbe, wie ich fürchte, heute noch nicht recht klar ist. Von Ihnen als gestandenem Kollegen aber fordere ich ein praktisches Verständnis für das Antiquariat ein.

Wie kommen Sie nur auf die Idee, neue Marketingkonzepte einzufordern ausgerechnet in einem Augenblick, da unsere traditionelle, bei den Kunden eisern zementierte, eingewöhnte, eingeübte Absatzschiene in eine Ägyptische Gefangenschaft weggeführt werden soll?

Wir haben dafür weder Zeit noch Geld noch einen freien Kopf dafür. Sie können daran doch nichts ändern, daß je nach Geschäftsstruktur weit über 3/4 aller Antiquare am Tropf des ZVAB-Abebooks-Konzerns hängen, auf Gedeih und Verderb! Der Käufer kann allenfalls, mit unendlicher Mühe, zu einer anderen Datenbank hingelockt, hingeführt werden. Dies ist die äußerste Möglichkeit, die wir in absehbarer Zeit haben. Wir b r a u c h e n Abebooks-ZVAB - oder nun den eigenen Prolibri/Antiquariat-Datenbank-Apparat - ganz einfach zum Ü b e r l e b e n.

Ihre Reformpläne aus Teil 1 und 2 Ihrer Ausarbeitung gehören nicht in die gegenwärtige Diskussion. Das Haus brennt lichterloh, wer wird da Architekturpläne auf dem Wohnzimmertisch ausbreiten! Schenken Sie uns einen Teil 3 mit praktisch nutzbaren Ideen, bitte.


Das Foto gehört MGM, es wird auf einfache Aufforderung hin sogleich entfernt. (Charlton Heston in Ben Hur). Wir danken für die Verwendungsmöglichkeit

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