Fassen wir den Stand der Dinge zusammen.

Amazon hat über seine Tochter Abebooks das ZVAB aufgekauft. Damit besitzt Amazon im deutschen Sprachbereich ein Netz-Absatzmonopol für alte Bücher, das mit rd. 80-85 % zu beziffern ist.

Leider ist wegen besonders ungünstiger Umstände eine Monopolklage nicht möglich. Ebay dürfte neben etwa 5 % Buchabsatz im Versteigerungsbereich inzwischen rd. 10 % des Altbuchverkaufs über sein Ladensystem ("Shop") in der Hand haben, dort übrigens zu einer ZVAB-ähnlichen Gesamtprovision von 15 % des Brutto-Verkaufspreises.

Es ist Außenstehenden nicht klarzumachen, weshalb das Ebay-Ladensystem und der dortige Festpreisverkauf für viele Kollegen nicht sinnvoll ist und keine Alternative zum Datenbankabsatz darstellt. Zeitaufwand und Angebotsformen bei Ebay sind schwer erlernbar und nur unzulänglich durch Tools in den Griff zu bekommen. Tatsache bleibt, daß für fast alle Kollegen der traditionelle Portalabsatz nach ZVAB- und Abebooksmuster die einzige ins Gewicht fallende Internetabsatzform darstellt. Sie können nicht auf Ebay ausweichen.

Angesichts der überraschend geringen Absatzanteile der nicht zum Abebooks-Amazon-ZVAB-Verbund gehörenden anderen Altbuch-Verkaufsportale gibt es in Wahrheit keine Alternative. Dies gilt besonders dann, wenn an sich recht interessante Neuplanungen (Höfs) mit unerträglicher Langsamkeit und wirklich unverantwortlicher Zeitplanung gemächlich daherkommen, während die Lage sofortiges Handeln fordert.

Die Genossenschaftsdatenbank "Antiquariat" ist offenbar durch ihre juristisch komplizierte Trägerschaft an schnellem Handeln gehindert. Sie wäre unter bestimmten Voraussetzungen eine realistische Ausgangsbasis, von der aus der Kampf gegen das Amazon-Abebooks-ZVAB-Monopol aufgenommen werden könnte.

Den Kollegen war die Besonderheit des deutschsprachigen Altbuchabsatzes bisher nicht klarzumachen. Offenbar ist ein Sachverhalt aus mir unbekannten Gründen nicht zu verstehen, der da sagt: Es gibt keinerlei irgendwie ins Gewicht fallende fremdsprachige Kauf- und Sammlerkultur, die im deutschsprachigen Antiquariat eine Rolle spielen könnte. Wer in diesem streng abgeschotteten Markt das Quasimonopol im Netzabsatz hat, der kann es in einem geschlossenen Sprachgebiet verteidigen. Es gibt zum Aufbrechen des Monopols keine Koalitionen mit außerdeutschen Portalen.

Das ist sehr wichtig, weil man fast in der gesamten restlichen Welt immer mehrere Portale zur Auswahl hat, die sich teilsweise recht aktiv bekämpfen, Paradebeispiel hierfür ist Frankreich. Kippt in einem so abgeschotteten Markt wie dem deutschen das Gleichgewicht im Absatz erst einmal, dann wird es praktisch unangreifbar.

Damit sind wir eim zweiten kritischen Punkt, der den Antiquaren ähnlich Hekuba zu sein scheint - nämlich bei den Gesetzen der Internet-Klickraten, der Bekanntheit im Internet, den psychologischen und technischen Regeln, die hinter den Klick- und Kaufhäufigkeiten im Internet stehen. Im Netz ist bei bestimmten Voraussetzungen ein Quasi-Monopol unangreifbar. Es kann auch mit den besten Absichten, den höchsten Datenbank-Qualitäten und den wohlmeinendsten Dienstleistungen nicht mehr revidiert werden.

Bei der Neuschaffung eines Monopols gibt es wenige, kurze Zeiten und Momente, in denen der Monopolist in seinen Vorbereitungen noch gestört, in denen er entlarvt und mit seinen Absichten in der Öffentlichkeit bloßgestellt werden kann. Ich verstehe meine Bewertungen hier übrigens ganz neutral - hätte ich mich auch an Abebooks= Amazon verkaufen lassen, würde ich ohne schlechtes Gewissen eben die dortigen Monopolinteressen verteidigen und fördern. So ist das Wirtschaftsleben nun einmal.

Für die Öffentlichkeit aber, wir präzisieren "für die kulturell engagierte Öffentlichkeit", gilt das interessanterweise nicht. Bei diesen Leuten und Institutionen, in den Feuilletons und bei den Kulturbloggern, kann man Goodwill mobilisieren, indem man Monopole anprangert und sich Monopolfreiheit auf die Fahnen schreibt.

Sofortige Handeln ist ungeheuer wichtig, um die geplante Amazon-Abebooks-ZVAB-Taktik zu unterlaufen. Um sie vorauszuahnen, brauchen wir uns nur in den Monopolisten hineinzuversetzen. Ich weiß nicht, ob gute alte Leute wie Heinisch mitverkauft worden sind, es muß befürchtet werden. Wo steht Wiesler? Wie auch immer, die kommende Taktik des Monopolisten wird ausgeklügelt sein. Sie besteht in einer ersten Phase sicher in einer

*Vernebelungstaktik.

Mit großen Augen und naiv-selbstverständlich wird auf die beabsichtigte Selbständigkeit der Teilbereiche hingewiesen. Wie formulierte es ein Kollege so unübertroffen blöde: "Amazon ist ein Gemischtwarenkonzern. Wenn dem nun das ZVAB gehört, ändert sich garnichts dadurch".

Es ist hier nicht der Ort, um die in den vorhergehenden Blogbeiträgen gründlich dargestellten Konzernstrategien bei Amazon ein weiteres Mal auszuwalzen. Nach einer Anschmusungsphase, in der das ZVAB "noch besser im Dienst der Antiquare" wird, integriert Abebooks das ZVAB dann eben doch, natürlich nur, um "noch mehr Vorteile für die Antiquare bieten zu können". Ob und wie Amazon dann seinerseits Abebooks integrieren wird, entscheidet sich auf weltweiter Ebene, ist aber - mit Sicherheit - nur eine Frage der Zeit.

Nicht erst am Ende, sondern schon recht kurzfristig werden wir alle die Unfreiheiten erleben, die ein Quasi-Monopolist uns bescheren kann. Nach dem Ende der Anschmusungsphase wird uns der Vertrieb "zu unserem eigenen Besten" aus der Hand genommen, werden die einliefernden Antiquare kaum mehr, nur versteckt und am Ende gar nicht mehr genannt. Die Gebühren werden kunstvoll verschachtelt und erreichen, in der angelsächsischen Welt gilt das als sichere Endplanung, ein glattes Drittel vom Verkaufspreis. Weitere Knebelmaßnahmen, von Zwangs-Altbuch-Preisansätzen bis zur Bindung an eine eigene Amazon-Hausbank, kann sich jeder Kollege selbst ausmalen.

Ein anderer Punkt ist der der E h r e. Gemeinhin vergißt der Antiquar diesen Aspekt und findet gar nichts dabei, wenn ihm ein Verkaufsinstrument aus der Hand genommen wird und er zunehmend, fast wehrlos, am Gängelband geführt ist. Es sind die gleichen Antiquare, die laut aufschreien, wenn ihre Titelaufnahmen oder ihre Buchverpackungen kritisiert werden. Dort haben sie ein lebendiges Ehrgefühl, bei Quisquilien also - aber in ethischen Kernbereichen lassen sie bereitwillig alles mit sich machen.

Es muß sofort eine der bestehenden Datenbanken zur Datenbank a l l e r Antiquare erklärt werden, es müssen minimale Anteilsscheine dazu an alle Kollegen ausgegeben werden, die Genossenschaft muß durch ein Parallelmodell eingebunden sein. Die zurecht halbtoten ILAB-Datenbanken kann man unbeachtet lassen, was ich zum Verband sagen möchte, unterlasse ich lieber, es besteht die Möglichkeit, daß er sich selbst seiner Freiheit beraubt hat in der Führungsspitze, die ich nicht mehr für unabhängig halten kann.

Wir müssen mindestens die Hälfte der Antiquare, auch die, die noch nicht übers Netz verkaufen, mobilisieren und einbinden. RFMeyer muß aus der Tieftrance aufwachen, die philosophischen Sprüche für einmal unterlassen und seinen Webseitenverbund mit ins Spiel bringen, Höfs sollte seinen Hang zum Aufschieben, zum Verschieben bekämpfen und subito aktiv werden, der Börsenverein sollte vergessen, welche Firmen in seinen Werbebannern vertreten sind und offene Worte wagen - kurzum, der Kampf "David gegen Goliath" muß aufgenommen werden, er muß sofort beginnen!

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